Ich kann kaum glauben, dass mein letzter Eintrag vier Monate her ist. Wo ist bloß die Zeit geblieben? Die Tomatensuppenflecken sind inzwischen getrocknet, und ich hab immer noch (zu) viel zu tun. Wettermäßig gibt es kleine Verbesserungen – es regnet immer noch, aber die Sonne kommt jetzt öfter zum Vorschein, und dann und wann können wir das Haus sogar gefahrlos ohne Regenschirm verlassen.
Wieso schaffen es eigentlich andere Leute, regelmäßig zu bloggen, während ich bloß alle paar Monate mal einen Eintrag schaffe? Muss an meiner Art zu arbeiten liegen. Und die geht ungefähr so: Ich habe eine Idee. Auf der denke ich eine zeitlang herum, bis sie sich “richtig” anfühlt, dann lasse ich sie ruhen. Dann bilde ich mir ein, zu beschäftigt oder zu müde zu sein, um an der Idee weiterzuarbeiten. Dann endlich setze ich mich hin und schreibe – FALLS die Idee dann noch wert ist, aufgeschrieben zu werden. Wenn nicht, lasse ich sie fallen. Eine Menge richtig guter Ideen haben so nie das Licht der Welt erblickt..
Deshalb entscheide ich hiermit, meine Einstellung zu ändern. Ich werde mir selbst mehr Zeit erlauben, um meine Ideen zu entwickeln UND aufzuschreiben, solange sie frisch sind. Ein bisschen wie Neujahrsvorsätze. Nur eben Mittjahresvorsätze. Wir werden ja sehen, ob und wie das klappt.
Das letzte Mal habe ich über die Architektur in Bournemouth geschrieben. Diesmal sollte es eigentlich eine kleine Abhandlung über Märkte in Bournemouth werden – oder besser über deren Abwesenheit. Es gibt definitiv keinen Markt im sogenannten Zentrum. Den hätte ich gefunden, denn da bin ich jeden Tag. Einzig ein einsamer Obst- und Gemüsestand fristet dort sein Dasein. Angeblich soll es aber einige Mäkte in näheren Umkreis geben, jedenfalls wenn man der offiziellen Tourismus-Website glauben schenken darf.
Ich dachte daher an eine nette kleine “Marktrundreise” an einem der Wochenenden an denen ich nicht nach Hause fahre. Leider habe ich bisher jedes Wochenende in Bournemouth entweder arbeitend oder krank (oder beides) verbracht – kein besonders erbauliches Blogthema. Aber dann ergab sich letztes Wochenende plötzlich die Gelegenheit, noch einmal über Architektur UND über einen Markt zu schreiben – und hier ist das Ergebnis.
Zusammen mit etwa 60 anderen Zuschauern verbrachte ich eine Stunde am Samstag damit, einem menschlichen Skulpturenpfad durch Bournemouth zu folgen. “Bodies in Urban Spaces”, erdacht von dem österreichischen Choreografen Willi Dorner und präsentiert von Pavilion Dance South West, tourt seit 2007 weltweit.
Dorners Intention ist es, eine alternative Interpretation urbaner Architektur “und die daraus resultierenden limitierten Bewegungsmöglichkeiten und -gewohnheiten aufzuzeigen. ‘Bodies in Urban Spaces’ lädt die Bewohner ein, ihre eigene Stadt zu begehen und so eine neue, stärkere Beziehung zur Nachbarschaft, dem Bezirk und der Stadt aufzubauen. Die Intervention ist temporär, hinterlässt ihre Spuren nur in der Erinnerung der Augenzeugen.”
Die Show bot definitiv eine unterhaltsame, ungewöhnliche Stunde und viele unerwartete Blicke auf Bournemouth. Alle Darstellerinnen und Darsteller waren Ortsansässige, wie in jeder Stadt, in der “Bodies in Urban Spaces” aufgeführt wird. Die Show wurde insgesamt vier Mal an diesem Wochenende gezeigt, was den Beteiligten bewundernswertes Stehvermögen und Kraft abverlangte. Und ich werde ein Straßenschild sicherlich nie wieder mit den selben Augen sehen…
Nach dieser erbaulichen Erfahrung beschloss ich, dem Internationalen Markt, Teil eines zehntägigen “Food & Drink”-Festivals, einen Besuch abzustatten. Ein “Authentic Pan and Grill”-Stand erregte meine Aufmerksamkeit mit dem Angebot “authentischer” deutscher Küche, namentlich Schaschlik, Gulasch and Sauerkrautpfanne. Ich bestellte letztere und erntete einen verblüfften Blick und ein “Excuse me?”.
Nachdem ich meine Bestellung lauter, langsamer und mit englischerer Aussprache widerholt hatte, bekam ich endlich meine Sauerkrautpfanne, die auch wirklich ganz gut war. Aussprache ist wichtig. Vor ein paar Monaten zeigten wir eine Produktion mit dem deutschen Titel “Erhebung”. Für meine englischen Kolleginnen und Kollegen war die Aussprache dieses Wortes sehr schwierig, hauptsächlich deshalb, weil sie die erste statt der zweiten Silbe betonten, was sich dann mehr wie “Ärebung” anhörte. Es ist halt wirklich nicht einfach. Ich zum Beispiel kriege es nie hin, “Wordsworth” im ersten Anlauf richtig auszusprechen. Und habe ich nicht letztes Mal von meinen vergeblichen Versuchen berichtet, mit einem schottischen Akzent (weil ich den so mag) zu sprechen?
Als ich mit meiner Saurekrautpfanne auf der Hand davonging, hörte ich die beiden Verkäufer hinter dem Tresen miteinander sprechen – auf polnisch.
Ein wirklich internationaler Markt und ein großartiger Tag. Einzig der Obst- und Gemüsestand blieb geschlossen.